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Dr. Christoph Kohl

Stipendiat 10/2008 - 09/2009
Verteidigung 27.05.2010
Prädikat: magna cum laude

Betreuer: PD Dr. Jacqueline Knörr

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Wissenschaftlicher Mitarbeiter im DFG-Projekt „Refugee Repatriation and Local Politics in Angola“
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Kreolische Identität, interethnische Beziehungenund postkoloniale Nationsbildung in Guinea-Bissau, Westafrika

Das Forschungsvorhaben widmet sich der kreolischen Gesellschaft Guinea-Bissaus.
Im Zentrum des Projekts steht die Untersuchung kreolischer Identität im Zusammenhang von intra- und interethnischen sowie von Stadt-Land-Beziehungen. Es soll geklärt werden, inwiefern und in welcher Weise sich in der postkolonialen Zeit kreolische Kultur und kreolisches Selbstverständnis einerseits und die identitären Prozesse auf gesamtgesellschaftlicher Ebene andererseits gegenseitig beeinflusst haben.
Seit dem 15. Jahrhundert war die Küste des heutigen Guinea-Bissau ein Brennpunkt merkantiler Aktivitäten von Europäern, Kapverdiern und Bewohnern Kontinentalafrikas. Entlang der Küste etablierte sich in den praças genannten Handelsplätzen eine kreolische Gesellschaft, die neue kulturelle und sprachliche Ausdrucksformen sowie eine neues kollektives Zusammengehörigkeitsgefühl hervorbrachte: die der Kriston ("Christen").
Die Kolonialherren teilten die Bevölkerung formal in "indigene Untertanen" und "zivilisierte Bürger" und brachen so mit der bis dato vorherrschenden gesellschaftlichen Stratifizierung. "Kreolen" waren fortan nicht mehr identisch mit "Zivilisierten". Diese koloniale Klassifizierung besitzt bis heute konstitutive Bedeutung für das Selbstverständnis und den Lebensstil der kreolischen Gesellschaft. Die "Zivilisierten" blieben eine äußerst heterogene Gruppe, die in ihrem Charakter wie auch in ihrer Abgrenzung nach außen erhebliche Widersprüche aufwies. Die international erzwungene Aufhebung des Indigenato führte mittelfristig zu einer Indigenisierung der kreolischen Kultur, da der äußere Druck zum Erhalt der elitären Gruppenkohärenz weggefallen war.
Den wichtigsten gesamtgesellschaftlichen Bezugspunkt für die nationale Identität und die postkoloniale Nationenbildung in Guinea-Bissau bietet bis heute die Ideologie nationaler Einheit, die Amílcar Cabral - ein Kreole - verkündete und mittels derer er zur nationalen Einheit aufrief.
Cabral gelang es als Erstem, die Kreolen langfristig mit den "indigenen" Guinea-Bissauer im Unabhängigkeitskampf zu vereinen. Die folgende numerische Marginalisierung der Kreolen beförderte bei einem Teil deren Indigenisierung, während sich andere identitär weiterhin abgrenzten.
Darüber hinaus unterliegen einst den Kreolen vorbehaltene kulturelle Institutionen einer Indigenisierung. Es sind zwei Institutionen, mittels derer die regionale Ausbreitung und integrative soziale Ausdehnung über die kreolische Gesellschaft hinaus illustriert werden können:

Primär weibliche Vereinigungen gegenseitiger Solidarität, so 1. genannte Manjuandadis, die in kolonialer Zeit als Altersgruppen den Angehörigen der christlichen, kreolischen Gesellschaft vorbehalten waren. Nach der Unabhängigkeit dienten zahlreiche Manjuandadis als Transmissionsriemen des seinerzeitigen Einparteienstaates, womit die geographische und soziale Ausbreitung dieses Phänomens verbunden war.
Als eine den Kreolen vorbehaltene kulturelle Institution fungierte 2. bis zu Beginn der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts der Karneval, der in den praças gefeiert wurde. Im Rahmen der Massenmobilisierung durch die Jugendorganisation der Einheitspartei wurde der Karneval nach 1974 zentral als Wettbewerb zwischen Ad-hoc-Gruppen landesweit organisiert.
Der Karneval wuchs so langfristig über die einstige kreolische Gesellschaft hinaus.

Es wird auch der Frage nachgegangen, weshalb sich in Guinea-Bissau keine manifeste bzw. eindeutig als ethnisch konnotierte kreolische Identität herausbildete (wie in anderen Regionen der Oberen Guineaküste, bspw. in Sierra Leone), sondern kreolische Identität stattdessen zunehmend transethnische Bedeutung erfuhr. Eine Ausnahme bilden hier die Kriston de Gêba, die seitens des Kolonialregimes nicht als "Zivilisierte" eingestuft wurden, sich selbst aber als solche betrachteten. Im muslimischen Umfeld des einst bedeutenden Handelsstützpunktes Gêba entstand anders als in anderen praças eine kreolische Identität ausgeprägt ethnischer Referenz. Bei erheblichem Rekurs auf die eigene Geschichte werden derzeit koloniale bzw. "traditionelle" Autoritätsstrukturen von einem Teil der Gêba wieder zu beleben versucht. Auf nationaler Ebene waren die Nachkommen jener einst privilegierten "Zivilisierten" in der soziokulturellen, politischen und wirtschaftlichen Elite des Landes auch nach der Unabhängigkeit von Portugal 1974 prominent vertreten. Der Militärkonflikt von 1998/99, die darauf folgende weitere Schwächung staatlicher Strukturen sowie die sich fortsetzende Marginalisierung der Kreolen im Handelssektor (aufgrund geringer Kaufkraft der Bevölkerung, neuer Kleinhändler aus afrikanischen Nachbarstaaten und finanzkräftigerer europäischer und libanesischer Investoren) schwächte die Position der Kreolen und verursachte so auch deren zunehmende Emigration (vor allem nach Portugal und auf die Kapverden)."


Curriculum Vitae

Educational Background

2006-2007Social-anthropological field work (13 months) in Guinea-Bissau and Cape Verde, West Africa, within the PhD research project “Creole Identity and Interethnic Relations in Guinea-Bissau”
Since 10/2005Ph.D. Candidate at the Max Planck Institute for Social Anthropology, Halle/Saale, Germany
Since 10/2005Associated Ph.D. Student, Graduate School Asia and Africa in World Reference Systems, Martin-Luther-University Halle-Wittenberg, Halle/Saale, Germany
2001-2004Magister Artium (M.A.) degree, Johannes Gutenberg University Mainz, Germany (subjects: Social Anthropology, Sociology, and Political Science)
2000-2001École des Hautes Études en Sciences Sociales at Marseille, France
1997-2000Johannes Gutenberg University Mainz, Germany (subjects: Social Anthropology, Sociology, and Political Science)
1988-1995Max Planck High School, Gross-Umstadt, Germany

Professional Experience

04/2005-07/2005Internship at the Pacific Information Desk, Neuendettelsau, Germany
02/2005-03/2005Freelancer with GTZ's Sector Project "Education And Conflict Transformation", Eschborn, Germany
04/2004-08/2004
12/2004-02/2005
Assistant with Interculture. Management, Frankfurt am Main, Germany, a consulting enterprise in development co-operation
08/2004-12/2004Internship with the Instituto Nacional de Estudos e Pesquisa (INEP) in Guinea-Bissau, granted by InWEnt gGmbH, Berlin
08/2003-03/2004Employment in GTZ's Commercial Affairs Department
08/2002-11/2002Internship in GTZ's basic education projects in Pretoria, Cape Town and Bloemfontein, South Africa
07/2001-04/2003Temporary employment in GTZ's Corporate Communication's Department
07/1999-06/2000Internship in the African Music Archive (AMA), Johannes Gutenberg University Mainz, Germany
01/1999-08/2000Graduate Assistant within a research project on former/graduated students in Social Anthropology and African Philology at the Institute for Social Anthropology and African Studies of Johannes Gutenberg University Mainz, Germany
08/1998-01/2000Temporary employment in GTZ's vocational training project CRYSTAL Academic Membership
Since 2005Member of the German Anthropological Association (DGV)

Publications

Thesis

 "Creole Identity, Interethnic Relations and Postcolonial Nation-Building in Guinea-Bissau, West Africa", Ph.D. thesis, Martin Luther University Halle-Wittenberg (submitted 16 December 2009)

Miscellaneous Publications

2010(in preparation) Guinea-Bissau, in: Mehler, Andreas; Melber, Henning; van Walraven, Klaas (Hrsg.): Africa Yearbook. Politics, Economy and Society South of the Sahara in 2009. Leiden, Boston: Brill.
2009Guinea-Bissau, in: Mehler, Andreas; Melber, Henning; van Walraven, Klaas (ed.): Africa Yearbook. Politics, Economy and Society South of the Sahara in 2008. Leiden, Boston: Brill, p. 111-116.

The Kristons de Gêba of Guinea-Bissau: Creole Contributions to Postcolonial Nation-Building. In: Online Working Paper No. 9, Graduate School Society and Culture in Motion, Martin Luther University of Halle-Wittenberg. Link
2008Guinea-Bissau, in: Mehler, Andreas; Melber, Henning; van Walraven, Klaas (ed.): Africa Yearbook. Politics, Economy and Society South of the Sahara in 2007. Leiden, Boston: Brill, p. 111-116.

(co-author): (Re-)Constructions of National Identity in the Upper Guinea Coast, in: Max Planck Institute for Social Anthropology (ed.): Report 2006/2007, Max Planck Institute for Social Anthropology. Halle (Saale): Max Planck Institute for Social Anthropology, p. 30-40.

Die Instrumentalisierung von Tradition. Identität und Politik in Fidschi. Saarbrücken: VDM Verlag Dr. Müller (published Magisterarbeit).
2007(co-author): (Re-)Konstruktionen nationaler Identität in der "Upper Guinea Coast", In: Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung - Abteilung I (ed.): Integration und Konflikt, Bericht 2007. Halle (Saale): Max Planck Institute for Social Anthropology, p. 55-79.

Kreolische Identität und interethnische Beziehungen in Guinea-Bissau, In: Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung - Abteilung I (ed.): Integration und Konflikt, Bericht 2007. Halle (Saale): Max Planck Institute for Social Anthropology, p. 84-86.

Hiphop aus Guinea-Bissau – die Gruppe "F.B.M.J.", In: Ntama – Journal of African Music and Popular Culture (20 November 2007)

Um Encontro com Aliu Barri, In: Ntama – Journal of African Music and Popular Culture (23 July 2007)
2005ASA-Projekt Report "Buch um Buch – Wiederaufbau der Nationalbibliothek von Guinea-Bissau / Westafrika" 12. August – 10. Dezember 2004. Prepared on behalf of Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH / Capacity Building International (Inwent), Berlin/Bonn, Germany

Ein Überblick über die Briefmarken Ozeaniens. Eine philatelistische Landeskunde, in: Rundbrief - Forum für Mitglieder und Freunde des Pazifik-Netzwerkes e.V., 66 / November 2005, p. 27-34.

Briefmarken als Spiegelbilder von Rassismus und Apartheid, In: Ntama – Journal of African Music and Popular culture (12. August 2005)

Die Briefmarken des südlichen Afrika: Spiegelbilder der Apartheid, in: Briefmarkenspiegel, 45 (2005), 8, p. 41-43.

Annotierte Bibliographie und Linksammlung zur Kindersoldaten-Thematik. Prepared for Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH (Sector Project "Education and Conflict Transformation"), Eschborn, Germany.
2004Organisationen indigener Völker – eine Auswahl, in: Köpsell, Edgar (ed.): Indigene Völker in Lateinamerika und Entwicklungszusammenarbeit. Heidelberg: Kasparek, p. 197-207.

(with Sabine Speiser): Überblick: Indigene Bevölkerung in den Staaten Lateinamerikas und der Karibik, in: Köpsell, Edgar (ed.): Indigene Völker in Lateinamerika und Entwicklungszusammenarbeit. Heidelberg: Kasparek, p. 208-217.
2002Bericht: Umfrage unter StudienabbrecherInnen im Wintersemester 1999/2000 und Sommersemester 2000", In: Working Papers, Nr. 12, Institut für Ethnologie und Afrika-Studien, Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Academic Membership

Since 2008Member of the European Association of Social Anthropologists (EASA)
Since 2006Member of the African Studies Association in Germany (VAD)
Since 2005Member of the German Anthropological Association (DGV)

Language Skills

German: mother tongue
English, Kriol: very good
French, Portuguese: good
Spanish

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