Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Daniel Kremers, M.A.
ab 10.2011 Stipendiat
IGK Internationales Graduiertenkolleg Halle-Tokyo

Raum 108
Hoher Weg 4
06120 Halle (Saale)

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Dr. Daniel Kremers

Daniel Kremers

Daniel Kremers

Doktorand (Stipendiat 10/2008-09/2011)
Verteidigung: 27.01.2015
Prädikat: magna cum laude
Betreuer: Prof. Dr. Gesine Foljanty-Jost

Zuwanderung, ein Gemeinwohl? Funktionen der Zivilgesellschaft in der Diskussion um Japans technisches Praktikum zwischen ‚Menschenrechten‘ und ‚Humanressourcen‘

Meine Dissertation untersucht den Einfluss und die Funktion der Zivilgesellschaft in Japan bei der Gestaltung und Umsetzung von Zuwanderungspolitik am Beispiel temporärer Arbeitsmigration. Der Analyse zu Grunde lag ein erweitertes Staatsverständnis nach Antonio Gramsci. Theoretisch verfeinert wurde dieses durch die Modelle der Kapitalformen, der Forschung zu transnationalen Advocacy-Netzwerken sowie des Agenda-Setting-Ansatzes. Daten wurden mittels qualitativer Textanalyse, teilstrukturierter Interviews, teilnehmender Beobachtung und quantitativer Medieninhaltsanalyse generiert.

Seit 1993 konnten beruflich geringer qualifizierte Menschen aus Ländern, die von Japan Entwicklungshilfe erhalten, für ein berufliches Training mit anschließendem Praktikum befristet nach Japan einreisen. Seit 1997 betrug die Dauer des sogenannten Industriellen Trainings- und Technischen Praktikumsprogramms (IT-TIP) drei Jahre. Während des ersten Jahres erhielten die Teilnehmer*innen praktisches und theoretisches Berufstraining ohne Arbeitserlaubnis und waren von Arbeitnehmer*innenrechten ausgeschlossen. Für Technische Praktikant*innen im zweiten und dritten Jahr galt jedoch das japanische Arbeitsrecht. 2010 wurden beide Teilprogramme im Technischen Praktikumsprogramm (TITP) zusammengefasst wobei nun schon nach einer zweimonatigen theoretischen Einführung eine Arbeitserlaubnis erteilt wird.

In den 2000er Jahren stieg die Zahl der so einreisenden Personen sowie der sie beschäftigenden Unternehmen stark an. Auf dem Höhepunkt der Weltfinanzkrise 2008 befanden sich ca. 200.000 dieser temporären Migrant*innen in Japan. Etwa 60 Prozent der Teilnehmer*innen kommen aus der Volksrepublik China und etwas mehr als die Hälfte sind Frauen. Sie arbeiten vor allem in der Metallverarbeitung, der Lebensmittelherstellung, der Textilindustrie sowie der in Landwirtschaft und Fischerei, vorwiegend in der semi-urbanen Peripherie industrieller Ballungszentren, wobei sie meist von lokalen Kooperativen angeworben und an Klein- und Mittelunternehmen (KMU) weitervermittelt werden. Während dies einerseits den Technologietransfer an die Herkunftsländer gewährleisten sollte, wurde anderseits das Programm so zu einer wichtigen Quelle für flexibel einsetzbare und niedrig entlohnte Arbeitskräfte in mittelständischen Unternehmen.

Während Unternehmerverbände auf einen weiteren Ausbau des Programms drängten, entstanden in Japan Migranten-Advocacy-Organisationen (MAO), die mit Hinweis auf die schlechten Arbeitsbedingungen und Menschenrechtsverletzungen innerhalb des Programms seine Abschaffung forderten. Während die bisherige Forschung von einer politischen Einflusslosigkeit der Zivilgesellschaft und einer Beschränkung japanischer Migranten-Hilfsorganisationen (MHO) auf lokale Hilfeleistung ausging, konnte in dieser Arbeit nachgewiesen werden, dass mit MAOs auf nationaler und transnationaler Ebene agierende Dachverbände von MHOs entstanden sind. Dadurch, dass sie den Einfluss etablierter Interessenorganisationen abschwächten, nahmen sie auf die Politikgestaltung Einfluss. Dazu bedienten sie sich nicht nur der Kontaktaufnahme mit den politischen Entscheidungsträgern in Japan sondern auch der Massenmedien sowie transnationaler Advocacy-Netzwerke. Sie überzeugten die US-Regierung und die Vereinten Nationen von ihrer Darstellung des Programms und übten so indirekt Druck auf die japanische Regierung aus.

Ausbildung

2008-2015Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Doktorand, Forschungsthema: " Zuwanderung, ein Gemeinwohl? Funktionen der Zivilgesellschaft in der Diskussion um Japans technisches Praktikum zwischen ‚Menschenrechten‘ und ‚Humanressourcen‘", Betreuerin: Prof. Dr. Gesine Foljant-Jost
2000-2008Universität Leipzig, M.A. in Japanologie (HF), Politikwissenschaft (NF), Journalistik (NF)
2004-2005Universität Waseda, Tokio
1999Tilemann Schule, Limburg a.d. Lahn, Abitur

Berufserfahrung

Seit 2015Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Deutsches Institut für Japanstudien (DIJ), Tokyo
2012Lehrauftrag, Institut für Politikwissenschaft und Japanologie, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Seit 2008Produktion, Regie und Vertrieb des Dokumentarfilms „Saure Erdbeeren – Japan’s versteckte Gastarbeiter“
2005-2006Studentische Hilfskraft, Hochschule für Musik und Theater (HMT) „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig

Publikationen

Artikel

2014
Transnational Migrant Advocacy from Japan: Tipping the Scales in the Policy Making Process. In: Pacific Affairs, Vol. No. 87 (Dezember 2014). S. 715-741.
http://www.pacificaffairs.ubc.ca/recent-issues/recent-issue-vol-87-no-4-december-2014/   

DOI: http://dx.doi.org/10.5509/2014874715    

2011
Technologietransfer oder Import von Arbeitskräften? Politische und  wirtschaftliche Dimensionen des Trainings und Praktikums für Ausländer  in Japan 1982 bis 2010. In: Chiavacci, David; Wieczorek, Iris (Ed.) Japan 2011: Politik, Wirtschaft, Gesellschaft. Vereinigung für sozialwissenschaftliche Japanforschung. S. 147-185.
http://www.vsjf.net/yearbook/pdffiles/2011/Kremers%2012.12.2011.pdf    

Arbeitspapiere

2011
„Das Problem der ausländischen Trainees“ –  Subjektkonstruktionen in Zuwanderungspolitik und  themenanwaltschaftlicher Vertretung in Japan, SCM Online Working Paper Nr. 16. Halle: Graduate School Society and Culture in Motion / Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
http://wcms.uzi.uni-halle.de/download.php?down=22204&elem=2529107

Sonstige Publikationen

2010
Konferenzbericht "Migration und ihre Grenzen - Asien als Perspektive?" Korea Verband e.V. & Südasien-Informationsnetz e.V., Bildungszentrum Clara Sahlberg, Berlin 17.-18. September 2010. In: Günter Schucher et. al. (Hg.): Asien - The German Journal on Contemporary Asia, Vol. 117 (Oktober 2010). S. 80-83.

2009
Zusammen mit Tilman König und Shingo Matsumura "Saure Erdbeeren: Japans versteckte Gastarbeiter", Dokumentarfilm, 60min, Deutschland/Japan 2009.

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