Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Bericht über eine Forschungsreise nach Bayern und Österreich

12. - 24.07.2009

von Florian Klingele

 Während einer zweiwöchigen Forschungsreise nach Innsbruck, Birnau am Bodensee, Ober- und Niederbayern sollten dort vorhandene Mariengnadenbilder im Original und in ihrem jeweiligen Kontext genauer untersucht werden. Leitfragen einer solchen Untersuchung waren solche nach den Bildern selbst, nach der Art und Weise ihrer Präsentation, nach weiterführenden, v.a. sprachlichen Diskursen und nach vor den Bildern vorgenommenen Handlungen, auch wenn diese Fragen nicht immer scharf getrennt werden können.

Neben bekannten Wallfahrtsorten und Marienkirchen wie St. Jakob in Innsbruck, Maria-Hilf in Passau, der Gnadenkapelle in Altötting, Neu-Birnau am Bodensee und dem Kloster Ettal besuchte ich auch etliche kleinere Gnadenbilder in Oberbayern (u.a. Vilgertshofen, Hohenpeißenberg, Birkenstein) und Niederbayern (u.a. Kößlarn, Vilshofen, Pfarrkirchen, Rotthalmünster).

Zwei mehrtätige Aufenthalte in München nutzte ich zum Quellenstudium in der Münchener Staatsbibliothek, wo ich Einsicht in u.a. eine deutsche Ausgabe des Atlas Marianus von Wilhelm von Gumppenberg (mit zeitgenössischen Beschreibungen etlicher Bildwunder der von mir besuchten Bilder), allgemeinere katholische Bildtraktate des 16. und 17. Jahrhunderts von Johann v. Meulen (Molanus), Constantino Ghini, und ein zwar späteres (18. Jh.), aber sehr ausführliches Traktat über Wallfahrten und thaumaturgische Bilder, Orte und Reliquien von Norbert Pampichler (de sacris peregrinationibus rebusque connexis) nehmen konnte.

Mit der Exkursion wollte ich mir zunächst einen Überblick über die Bandbreite der Mariengnadenbilder und ihrer inszenatorischen Kontexte machen und auf dieser Basis ein oder zwei geeignete Orte bzw. Bilder ausfindig machen, die als Fallstudien ausführlicher untersucht werden sollen.

Das in Innsbruck als Maria-Hilf-Bild verehrte Madonnenbildnis Lucas Cranachs und dessen Kopie in Passau sowie weitere Kopien in u.a. Vilshofen, Amberg, Wien und München haben sich in dieser Hinsicht als geeignet erwiesen:

Das Bild wurde im 16. Jahrhundert als Gegenstand zur privaten Andacht hergestellt und erst nachträglich zu einem thaumaturgischen Gegenstand umgedeutet, der als solcher öffentlich verehrt wurde. Zudem entstanden im gesamten Alpenvorraum Kopien des Bildes die ähnlich verehrt wurden (und denen ähnliche wundertätige Fähigkeiten zugeschrieben wurden).

An dem Bild zeigt sich somit recht deutlich und isoliert der Gebrauch von Kultbildern in konfessionellen Zeitalter, da dieser Gebrauch nicht auf der Fortführung einer schon bestehenden Praktik (wie etwa in Altötting oder S. Maria Maggiore in Rom) beruht, sondern erst zu dieser Zeit installiert wurde.

In den unterschiedlichen Stadien des Bildes als Andachtsbild, Kunstwerk und Kultbild lassen sich die tief greifenden Verwebungen von Bildgebrauch, Bedeutung und zugrunde liegenden Ontologien von Bildern aufweisen und im Wandel als dynamischer Prozesse beschreiben. Der Fluidität von Bedeutung, Gebrauch und Ontologie von Bildern steht die Persistenz des Bildobjektes gegenüber, die wiederum diese Fluiditäten limitiert. Aber auch umgekehrt wird das materielle Bildobjekt (in Inszenierung aber auch selbst) materiell verändert, wo es aufgrund seiner Persistenz nicht den Anforderungen der gewandelten Praktiken, Bedeutungszuschreibungen und Ontologien gerecht werden kann.

Erste Ergebnisse hierzu wurden im Wintersemester 09/10 der work in progress-group vorgestellt.

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