Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Liselotte Hermes da Fonseca

assoziierte Doktorandin

Fragen über Leben: Ähnlichkeit und Übersetzung von Leben in Darstellungen des Menschen

betreut von Prof. Dr. Richard Rottenburg

Der Begriff des Lebens steht heute durch die öffentliche und fachliche Diskussion der sogenannten Lebenswissenschaften, den Biotechnologien und einer Biopolitik, wie sie Foucault und in seiner Fortführung Agamben beschrieben haben, immer mehr im Zentrum von Grenzdebatten, -verschiebungen und -auflösungen verschiedenster gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Konzepte, Methoden, Epistemologien und Beschaffenheiten von Disziplinen: Was ist Leben, wie kann es erfasst werden, wo sind seine Grenzen, wie sind sie zu bestimmen und welche Verantwortung, welche Ethik kann entsprechend im Umgang damit gedacht werden, wenn es um 'das Leben' geht? Die Fragen betreffen dabei Vorstellungen vom Menschen, die sich durch die verschiedensten Bereiche unserer Kultur ziehen und dabei auch das Bild des Anderen, des Fremden sowie der Unterscheidung von Mensch und Ding prägen.

Foucault hat 'den Menschen' als untrennbar mit dem Wissen der Moderne verbunden beschrieben. Ein Wissen, das mit seiner anthropologischen Ausrichtung nicht nur Grenzen zwischen Tier / Mensch, menschlich / unmenschlich, fremd / eigen, Subjekt / Objekt, Natur / Kultur u.a.m. betrifft, sondern auch zwischen lebendig und tot. Die Unterscheidung zwischen lebendig und tot spielt dabei auch eine Rolle in medialen und methodischen Fragen, sei es in der Vorstellung von 'toter Schrift', 'lebendigen Bildern', 'objektiver Beobachtung', 'subjektiven Vorstellungen' u.a.m. Den verschiedenen Medien werden verschiedene Grade der Möglichkeit einer Lebensähnlichkeit bei der Darstellung und des Wissens vom Menschen zugesprochen.

In meiner Arbeit möchte ich der Frage nachgehen, welche Vorstellungen von Leben sich mit den jeweiligen Wissensparadigmen und Medien zur Darstellung des Menschen zu erkennen geben und wie diese sich wiederum auf 'Leben' (und Tod) und ihre Grenze auswirken. Dabei soll das Augenmerk nicht nur auf Spezialdiskurse gerichtet werden, sondern auch auf die Vermittlungsinstanzen, die diese an die Öffentlichkeit weitergeben, zur Debatte stellen, kulturell zu verankern suchen und von dort her auch wieder Einflüsse erfahren.

Gegenstand der Arbeit sind entsprechend Orte der Interaktion wissenschaftlicher Spezialdiskurse und allgemeiner gesellschaftlicher Orientierungen, die um die Darstellbarkeit von 'Leben' kreisen: Ausstellungen (u.a. der Ethnologie, Anthropologie, Medizin des 19. und 20 Jh.) sowie literarische, wissenschaftliche und religiöse Texte, die (wissenschaftliches) Wissen vom Menschen in verschiedenen Medien darstellen und reflektieren. Die Auswahl ist durch ein Verhältnis der Medien sowie den Reflexionen dieser Medien und ihren methodischen Möglichkeiten bezüglich einer Lebensnähe in den Beispielen selbst begründet.

Der Vergleich von Medien und Konzeptualisierungen von Leben ist angesichts der aktuellen Entwicklung neuer Technologien, Medien und Zugriffen auf Leben allgegenwärtig. Die Arbeit möchte dazu eine Fragestellung neu und anders wieder in die Debatte bringen, die seit den so genannten postmodernen Diskussionen z.T. als 'unanständig' und als leerlaufende Selbstreflexion gilt: die Frage nach der Darstellbarkeit und Übersetzbarkeit des Gegenstandes des Wissens. Ein 'Gegenstand', der in den Debatten 'das Leben' sein soll, bzw. ist. Die Arbeit zielt dabei auf ein Wissen, das trotz des Wunsches zu erfassen offen bleibt für Fragen, für neue Grenzen und Unterscheidungen - für ein lebendiges Wissen.

Akademischer Werdegang

12.03.1967Geboren in Helsingör, Dänemark
(Staatsangehörigkeit: Schwedin, Brasilianerin)
1987-1996Studium der Deutschen Sprache und Literatur, Ethnologie, Skandinavistik, Philosophie und Kunstgeschichte an der Universität Hamburg
1992-1993Studienaufenthalt in Nord- und Mittelitalien mit Stipendien des Istituto di Cultura Italiana und des Akademischen Auslandsamtes der Universität Hamburg
1997Magisterabschluss in Germanistik und Ethnologie
1998Lehrbeauftragte an der Universität Hamburg, Heidelberg und Paderborn
2003Freie Lektorin im Bereich Ethnologie, Literaturwissenschaft, moderne Kunst und Psychologie
2003Redaktionsleiterin der Zeitschrift für Politische Psychologie und des Newsletters für Politische Psychologie (Psychologisches Institut I), Universität Hamburg, Organisatorin der jährlichen Workshop-Kongresse der Politischen Psychologie

Publikationen (Auswahl)

Bücher

  • Liselotte Hermes da Fonseca und Thomas Kliche (Hg.):  Verführerische Leichen, verbotener Zerfall. "Körperwelten" als gesellschaftliches Schlüsselereignis, erscheint bei Pabst 2006

Aufsätze

  • Disziplinierung der Gespenster. Grenzen einer Anthropologie des Museums-Menschen, in: Deutsches Historisches Museum und Rosemarie Beier (Hg.): Geschichtskultur in der zweiten Moderne, Frankfurt, New York 2000, S. 239-262
  • Denke immer daran es zu vergessen, in: Sibylle Benninghoff-Lühl und Annette Leibing (Hg.): Brasilien - Land ohne Gedächtnis, Hamburg 2001, S. 217-224 (auch auf Portugiesisch erschienen: Pense sempre em esquecer, in: Sibylle Benninghoff-Lühl und Annette Leibing (Hg.): Devorando o tempo - Brasil, o pais sem memória, Edition Siciliano, Sao Paulo 2001, S. 245-253)
  • Ausgestellte Grenzarten: Leben und Tod zwischen Wissenschaft - Museum - Kunst, www.locked-in.com/gllhf/GLLHF/html (Mai 2001), Homepage des Projekts "log-in / locked out" der Künstlerin Gabriele Leidloff
  • Über das Grauen: In der Strafkolonie, in: Marianne Schuller und Elisabeth Strowick (Hg.): Singularitäten. Literatur - Wissenschaft - Verantwortung, Freiburg im Breisgau 2001, S. 129-142
  • "tote Mauer Träumereien". Vom Verwenden der Räume in "Bartleby, the Scrivener. A Story of Wall Street", in: Jens E. Sennewald, Franck Hofmann und Stavros Lazais (Hg.): Raum - Dynamik Beiträge zu einer Praxis des Raumes, Bielefeld 2004,  S. 238-262
  • Das Leibhaftige, böse Gewordene des modernen Körpers. Eine Lektüre ’guter’ und ’böser’ Repräsentationen von  Kreuzigungen, in: Psychologie & Gesellschaftskritik, Hf. 3, 2004, S. 183-207
  • Vermenschlichung als Auslöschungslogik. Zum Ende des Erzählen von Geschichte(n). Der Untergang - Ein deutsches Familiendrama, in: Zeitschrift für Politische Psychologie 2+3, 2004 (zusammen mit Jens Hüttmann)
  • Leben der Wahrheit jenseits von Beweisbarkeit. Wissen vom Vergessen und Vergessen des Wissens, in: Andreas Remmel (Hg.): Wahrheit jenseits von Beweisbarkeit, Bonn 2007 (in Druck)
  • Vermenschlichung als Auslöschungslogik. Zum Ende des Erzählens von Geschichte(n). Der Untergang - Ein deutsches Familiendrama, in: Zeitschrift für Politische Psychologie 2007 (zusammen mit Jens Hüttmann) (in Druck)
  • Das Andere Sehen: Das Schwinden des Do Kamo - Zur Ikonographie des Fremden. Interkulturelle Ikonographie im Film, Allgemeines Vorlesungswesen der Universität Hamburg, Literaturwissenschaftliches Seminar, WS 1999/2001
  • Benjamins Lehre vom Ähnlichen. Zwischen Literaturwissenschaft und Psychoanalyse. "Übertragung - Übersetzung - Überlieferung", Internationale Tagung des Wissenschaftlichen Zentrums für Kulturforschung, Universität Gesamthochschule Kassel 2000
  • Das Subjekt des Jernigan im Visual-Human-Projekt. Der flexibilisierte  Mensch und sein gesellschaftliches Handeln. Subjektivität und Solidarität im Wandel, Workshop-Kongress Politische Psychologie der Sektion Politische Psychologie des Berufsverbandes Deutscher Psychologen, Wien 2000
  • The Right to Show/See - On the voluntary enforcement of visibility.  Politics of Transparency, European Association of Social Anthropologists Conference, Kopenhagen 2002
  • "diese Opposition, zu der auch ich halb gehöre." - Zum  Verhältnis von Darstellbarkeit und Solidarität. Walter-Jacobsen-Workshop 2: Aktive  Entantwortung: Zur Politischen Psychologie der Entsolidarisierung I, Universitätsklinikum  Eppendorf, Hamburg 2003
  • Die Auferstehung des Messias aus dem Reagenzglas der Toten. Zum Abbau des "Menschen" über den Begriff des "Lebens". Walter-Jacobsen-Workshop 4: Öffentlich entwertete Menschen. Mediale Inszenierungen von Selektion, Versagen und Ausschluss, Universitätsklinikum Eppendorf, Hamburg 2004
  • Zum Verhältnis von Kunst und Wissenschaft am Beispiel der  Körperwelten. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 2006
  • Leben der Katastrophen: Auslöschungslogik als Ursprung des Lebens? 25. Workshop-Kongress Politische Psychologie: Katastrophe und Faszination: Zur gesellschaftlichen  Organisation von Angst, Universität Rhetymno, Kreta, Griechenland 2006
  • Führung "In der Strafkolonie" Kafkas, Führung, Persönlichkeit und Politik: Anforderungen und Illusionen politischer Gestaltung im historischen Wandel, 27. Workshop-Kongress Politische Psychologie, Universität Athen 2007
  • Plastikleichen als Selbst- und Gesellschaftsmodell. Die untergründige Politische Psychologie der Plastination, Nacht des Wissens, Universität Hamburg 2007
  • Geschlossene Welt in offenen Körpern. Industrialisierung der "Körper-Welten" als "demokratisches" Gesellschaftsmodell, öffentlicher Vortrag an der Fachhochschule Dortmund 2007
  • Liselotte Hermes da Fonseca: Plastination - Körperwelten - Körperhandel: Eine Technologie und seine weltweiten Auswirkungen, Streitfragen, Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde, Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg, 2007
  • "In der Strafkolonie" lesen: Beschreibungen von ein- und ausgesperrtem Leben (Texte über Gefängnisse, Strafkolonien, Gulags…), am Institut für kulturwissenschaftliche Anthropologie (Literaturwissenschaftlichen Institut), Universität Paderborn SoSo 2007
  • Mensch / Material: Diskurse über Ethik und Würde im Zeichen der Verwertung des menschlichen Körpers, am Institut für kulturwissenschaftliche Anthropologie (Literaturwissenschaftlichen Institut), Universität Paderborn WS 2007/2008
2007Organisatorin des 27. Workshop-Kongresses Politische Psychologie: Führung, Persönlichkeit und Politik: Anforderungen und Illusionen politischer Gestaltung im historischen Wandel, Universität Athen, Griechenland
2007Preisaufgabe des Bernstein-Verlages zum Thema: Wahrheit jenseits von Beweisbarkeit

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