Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Tourismus und das „orientalische” oder exotische Andere

Themen und Streitfragen

Diese Forschungsgruppe untersucht jene Vorgänge und Phänomene, die mit Tourismus in afrikanischen und asiatischen Ländern in Verbindung stehen. Während die wirtschaftliche Dimension des Tourismus, der heute den größten Industriezweig der Welt darstellt, zweifelsohne eine bedeutende Grundlage für die Fragen, die die Forschungsgruppe untersuchen wird, bildet, liegt der Schwerpunkt eher auf den sozialen, kulturellen und historischen Ausmaßen des Tourismus.

Die Untersuchung gründet sich auf die folgenden Fragen: Welche Beweggründe und Erwartungen haben Touristen beim Besuch fremder Länder? Welchen Eindruck haben sie von dem gelebten Alltag ihrer Gastgeber? Wie verändern die Gastgesellschaften ihr kulturelles und soziales Umfeld, um dem Blick der Touristen mit all seinen vorgefassten Vorstellungen, Wünschen, Ängsten etc. zu entsprechen? Wie verändern und beeinflussen touristische Exkursionen und darunter insbesondere Erfahrungen der Touristen und Gastgeber in den "Kontaktzonen", im Gegenzug den Blick der Touristen? Wie bedeutend ist der Tourismus für die Schaffung neuer und/oder für die Wiederherstellung von offenbar alten Bräuchen, Kunstformen, Mentalitäten and Teilen der materiellen Kultur, die oft als "(Neu-) Erfindung von Traditionen" in Erscheinung tritt? Welche Bilder und Mythen des "Orients" und des "exotischen Anderen" werden in der Werbung für Tourismus, in Broschüren, auf Postkarten und in der Reiseliteratur geschaffen? Inwieweit spielen diese Bilder eine Rolle hinsichtlich der Auswahl des Reisezieles und des Ziellandes selbst? Wie konnten touristische Mythen und Bilder trotz des enormen politischen, ökonomischen und sozialen Wandels in den entsprechenden Regionen derart starke Kontinuitäten entfalten? Wie führen die Bilder vom "Orient", die die Touristen auf ihrer Suche nach einem "authentischen Anderen" nach Asien und Afrika gebracht haben, zur tatsächlichen Schaffung eines (vormals nur erdachten) Orients, wenn auch nur in der Form von importierten Palmen oder als Mogul-Diener gekleideten Kellnern? Wie entspricht der Orient, so wie er erdacht, erfunden und schließlich dargestellt wird, nicht nur den Vorstellungen der Touristen vom Orientalen und Orientalisierten, sondern wie "kontert" der Orient und "okzidentalisiert" sein Gegenüber, nämlich die Touristen und deren Ursprungskulturen?
Kurz gefasst strebt die Arbeitsgruppe die Untersuchung all jener sozio-kulturellen Sachverhalte einer stetig ineinander greifenden und sich gegenseitig beeinflussenden Welt an, in der Tourismus eine der mächtigsten, wenn nicht die mächtigste, Kraft der Globalisierung darstellt.

Organisatorisches

Die Forschungsgruppe trifft sich während des Semesters einmal im Monat und richtet sich nur an jene, die sich mit Tourismus-relevanten Themen befassen. In dieser Gruppe ist kein Unterricht vorgesehen, sondern eher ein Arbeitszirkel und eine Diskussionsgruppe mit beschränkter Teilnehmerzahl, die sich sechsmal während des Semesters trifft. In diesem Rahmen werden Doktoranden und Wissenschaftler aus Halle und auswärts ihre (vorläufigen) Daten oder zum oben beschriebenen Thema relevante Forschungsergebnisse darstellen und grundlegende Texte gemeinsam lesen und diskutieren.

Die Forschungsgruppe "Tourismus und das 'orientalische Andere'" wird gemeinsam von Prof. Dr. Burkhard Schnepel, Dr. Anja Peleikis und Dr. Carsten Wergin vom Institut für Ethnologie in Halle geleitet. Trotz des starken ethnologischen Schwerpunktes möchten wir explizit Doktoranden und Wissenschaftler gleich welchen Faches zur Teilnahme an dieser Forschungsgruppe einladen, die sich direkt oder indirekt mit den oben beschriebenen Thematiken befassen. Darunter können Forscher mit regionaler Fachkenntnis über ein afrikanisches und asiatisches Land sein oder Forscher aus den Fächern Geschichte, Geographie, Soziologie, Philosophie und andere, die sich mit Tourismus und damit verbundenen Phänomenen beschäftigen.
Der regionale Schwerpunkt auf Afrika und Asien kann und muss mithin ausgedehnt werden, denn um das Andere als Tourist zu "orientalisieren", muss man nicht notwendigerweise weit reisen: Ein Besuch im Museum ("die Vergangenheit ist ein fremdes Land"), oder ein nostalgischer Besuch in einem nahe gelegenen aber "verlorenen" oder zurückgelassenen Land und der Vergangenheit (Ursprungs-Tourismus), das Hören einer Aufnahme oder der Besuch eines Konzerts einer "authentischen" Welt-Band könnten bedeutende Streitfragen hinsichtlich übergreifender intellektueller Herausforderungen hervorrufen, die diese Forschungsgruppe untersucht.

Bei Fragen oder der Absicht, dieser Gruppe als aktiver Teilnehmer beizuwohnen, kontaktieren Sie bitte Anja Peleikis () oder Burkhard Schnepel ().

Programm für das Sommersemester 2009

Veranstaltungsort: Seminarraum, Seminar für Ethnologie, Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg, 06114 Halle, Reichardstr. 11, 18:00 Uhr

16.04.2009
Projektpräsentation: "After the Survivors: Performing the Holocaust and the Jewish Past in the New Yad Vashem Museum and in the Jewish Museum, Berlin."
Anja Peleikis, Martin-Luther-Universität

14.05.2009
Business Partnerships between Hotel Industry and Ethnic Communities in Developing Countries: The Development of effective organisational culture
Nicole Häusler, International Centre for Responsible Tourism, Leeds Metropolitan University

Dienstag, 09.06.2009
Why Study Tourism as a Social Anthropologist.
Burkhard Schnepel, Martin-Luther-University, Halle
Gemeinsames Instituskolloquium des MPI für ethnologische Forschung und des Seminars für Ethnologie der MLU, 16:15!!!

18.06.2009
Touristic Encounters in Myanmar. Outline of a Research Project
Judith Beyer und Felix Girke, MPI für ethnologische Forschung for Social Anthropology, Halle

09.07.2009             
"We simply combine the two things": Reproductive tourism at the intersection of medical treatment and travelling
Eva-Maria Knoll, Forschungsstelle Sozialanthropologie, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien

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